Man kann sich gut vorstellen, dass Erika Mann in „ihre“, in unsere Grundschule käme. Sie hätte einen Stapel Kinderbücher im Gepäck, die sie selbst geschrieben hat, und sie würde daraus vorlesen. Vorlesen konnte sie wunderbar, das erzählen alle, die es erlebt haben. Und außerdem würde sie über den Hof gehen und sich die Schule zeigen lassen und sich freuen, wie lebendig alles aussieht und wie verschieden die Menschen sind, die hier lernen und arbeiten.
Erika Mann hat die Erika-Mann-Grundschule im Berliner Wedding nie kennen gelernt. Dass die Schriftstellerin, Kabarettistin, Weltreisende und Reporterin im Jahr 1999, 30 Jahre nach ihrem Tod, zur Namenspatin dieser Schule geworden ist, hat mit ihrer Haltung zu tun. Freiheit und Toleranz gingen für sie über alles. Ein Zitat von ihr ist zu einer Art Motto für das Leben an der Erika-Mann-Grundschule geworden:
Aber, denk ich, man lebt doch gemeinsam. Aber, fühl ich, Freunde, das tut gut. Aber, weiß ich, man ist doch nicht einsam. Aber, sing’ ich, aber – das gibt Mut.
Erika Mann, 1931
Als sie dieses Gedicht schrieb, war Erika Mann eine junge Frau. Die älteste Tochter des Schriftstellers Thomas Mann erlebte in München, wie die Nationalsozialisten lauter wurden und schließlich, 1933, an die Macht kamen. Sie gründete mit Freunden ein Kabarett, die „Pfeffermühle“, das sich mit trotzigen und witzigen Texten gegen die Diktatur zu wehren versuchte. Doch lange konnten sie nicht in München bleiben. Zürich war die erste Station des Exils, später lebte Erika Mann in Frankreich und in den USA. Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte Erika Mann nach Europa zurück; vor allem lebte sie in der Schweiz und betreute den Nachlass ihres Vaters.
Diese wilde und neugierige Erika Mann, die gerne schnelle Autos fuhr, quer durch die Welt reiste und viele verschiedene Freunde und Freundinnen hatte, ist Namenspatin der Schule. Sie konnte sich nicht abfinden mit Ungerechtigkeit und sozialer Kälte. Auch fürs Programm der „Pfeffermühle“ hat sie geschrieben: „Beteiligt Euch, – es geht um Eure Erde! Und Ihr allein, Ihr habt die ganze Macht! Seht zu, dass es ein wenig wärmer werde in unserer schlimmen, kalten Winternacht!“